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18.12.2024
In 2024 wurde das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft 30 Jahre alt. 30 Jahre voller Projekte, Erfahrungen und Ereignisse. Anlässlich dieses Jubiläums reisen wir durch die Geschichte des Biosphärenreservates und stellen besondere Meilensteine vor.
Fotos: Biosphärenreservatsverwaltung
Die Verordnung des Biosphärenreservates wurde am 22.03.1994 vom damaligen Staatsminister für Umwelt und Landesentwicklung Arnold Vaatz unterzeichnet und trat dann am 25.05.1994 in Kraft. In ihr sind u.a. der Schutzzweck, die Schutzzonen, Gebote und Verbote festgelegt. Besonders interessant ist, dass das Biosphärenreservat anfangs noch mit einer Größe von 26.365 ha festgelegt wurde. Ein paar Jahre später wurde es auf 30.102 ha erweitert. Der Grund für diese Erweiterung wird in einem weiteren Meilenstein erläutert.
Fotos: Biosphärenreservatsverwaltung
"Man schützt nur, was man liebt – man liebt nur, was man kennt." (K. Lorenz). Biosphärenreservate stehen seit jeher für das Miteinander von Mensch und Umwelt. Die Einbeziehung der dort lebenden Bewohner ist dabei wesentliche Voraussetzung für dessen Erfolg. Und so begann die Biosphärenreservatsverwaltung bereits 1994 mit der Umweltbildung im Gebiet. Das Umweltbildungsprojekt "Kinder der Dörfer" legte dabei anfangs den Schwerpunkt auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Ziel war es, diese für die Natur vor ihrer Haustür zu begeistern. Auch die anfängliche Skepsis gegenüber dem Biosphärenreservat sollte abgebaut werden. Das Veranstaltungsangebot reichte dabei von Schulprojekten über Freizeitangebote bis hin zu Feriencamps. Um die dabei gesammelten Erfahrungen weitergeben und Eltern, Lehrer und Vereine für Umweltprojekte begeistern zu können, wurde 2000 in Zusammenarbeit mit dem Lusatia-Verlag das Buch "Kinder der Dörfer" veröffentlicht. Bis heute ist die Umweltbildung fester Bestandteil unserer Arbeit. Im Zuge der Bildung für nachhaltige Entwicklung stehen auch gehäuft globale Themen wie der ökologische Fußabdruck, Klimawandel und soziale Ungerechtigkeiten auf dem Programm.
Fotos: Biosphärenreservatsverwaltung
Im April 1996 war es endlich soweit: Das 1994 einstweilig sichergestellte Bioshärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft wurde als internationales UNESCO-Biosphärenreservat anerkannt. Ganze zwei Jahre später wurde dann die Anerkennungsurkunde der UNESCO überreicht: Von niemand geringeren als Dr. Angela Merkel - damals noch Bundesumweltministerin. Die UNESCO ist die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Bereits 1970 hat sie das Programm "Der Mensch und die Biosphäre" (MAB) ins Leben gerufen mit dem Ziel, nachhaltige Nutzungen und den Erhalt der natürlichen Ressourcen voranzutreiben. Den Kern für die Erreichung dieser Ziele bilden die weltweiten Biosphärenreservate. Heute gibt es über 740 Biosphärenreservate in 134 Ländern - ein Erfolgsmodell. Wusstet ihr, dass ein Biosphärenreservat für den Erhalt des UNESCO-Status u.a. eine Mindestgröße von 30.000 haben muss? Deshalb wurde unser Biosphärenreservat damals um weitere 4.000 ha erweitert, von einst 26.365 ha auf 30.102 ha.
Fotos: Biosphärenreservatsverwaltung
Über mehrere Jahrhunderte hinweg wurden viele Flüsse der Oberlausitz durch Wehre und Sohlschwellen in kleinere Abschnitte getrennt. Diese Querbauwerke verhindern jedoch die Wanderungen von Fischen flussaufwärts zu ihren Laich- und Nahrungsplätzen. Deswegen begann die Biosphärenreservatsverwaltung bereits früh mit dem Bau von Fischtreppen. Die erste Fischtreppe wurde 1997 am ca. 5 Meter hohen Schleifmühlenwehr in Uhyst/Spree errichtet. Um die Durchgängigkeit der Spree an dieser Stelle zu erreichen, wurde ein naturnahes Umgehungsgerinne gebaut. Dieses kann man sich wie einen "Bypass" vorstellen, der seitlich an das Hauptgewässer angeschlossen wird. Dadurch wird der Höhenunterschied ausgeglichen und Fische können die Stelle passieren. Zusätzliche Störsteine verringern zudem die Fließgeschwindigkeit und ermöglichen auch schwimmschwachen Fischen den Aufstieg. Mit dem Projekt "Redynamisierung der Großen Spree", welches 2020 erfolgreich sein Ende fand, wurde auf einem 5 km langen Abschnitt im Biosphärenreservat u. a. Wehre und Sohlschwellen umgebaut oder komplett zurückgebaut und die Spree in ihren alten Lauf zurückgeführt.
Fotos: Biosphärenreservatsverwaltung
Bereits drei Jahre nach der einstweiligen Sicherstellung war die Nachfrage an Exkursionen, Führungen und Veranstaltungen sehr hoch. Deshalb beschloss die Biosphärenreservatsverwaltung, ehrenamtliche Naturführer zur Unterstützung der Naturwacht auszubilden. Über den Ausbildungsträger der sächsischen Akademie für Natur und Umwelt Dresden begann im Jahr 1998 der erste Lehrgang mit 20 Teilnehmern, welche in 2 Wochen geschult wurden. Die Ausbildung schloss mit einer schriftlichen und einer praktischen Prüfung ab. Nach der Ausbildung boten 9 Aktive Führungen und Exkursionen entsprechend ihrer Spezialgebiete an. Bereits im ersten Jahr ihrer Tätigkeit zeigten sie etwa 1.000 Touristen in 41 Führungen die Besonderheiten und Schönheiten des Reservates. In den Jahren 2003 und 2006 starteten weitere Ausbildungsgänge. Heute gibt es noch 8 ehrenamtliche Naturführer, alle bereits im fortgeschrittenen Alter. Nachwuchs ist noch nicht in Sicht, auch aufgrund fehlender Ausbildungsmöglichkeiten. Wir hoffen, dieses Problem in naher Zukunft beheben zu können.
Fotos: Biosphärenreservatsverwaltung, Bodo Hering
Die Entwicklung nachhaltiger Formen der Landnutzung ist eine wesentliche Aufgabe von Biosphärenreservaten. Dazu zählt auch die Herstellung und Vermarktung regionaler und nachhaltiger Produkte. So wurde Ende 1998 das Projekt "Weidegänse aus dem Biosphärenreservat" ins Leben gerufen. Ein Ziel des Projektes war es, eine regionale Gänserasse, die sogenannte Lippitscher Gans zu erhalten. Zum Anderen wollte man privaten Kleintierhaltern und mittelständischen Betrieben die Aufzucht und Vermarktung von Gänsen unter bestimmten Bedingungen ermöglichen. Damit eine Lippitscher Gans mit dem Qualitätssiegel "Junge Gans aus dem Biosphärenreservat" ausgezeichnet werden konnte, musste sie 24 Stunden freien Zugang zur Weide und viel Freiraum bekommen. Außerdem sollte sie artgerecht und ohne künstliche Futterzusätze ernährt werden. Dies wirkt sich positiv auf den Geschmack und den Aufbau von Muskelfleisch aus. Die bundesweite Vermarktung erfolgte über eine Handelsgesellschaft. 1998 wurden mit Hilfe dieses Projektes 1.800 Gänse, 1999 ca. 6.100 und 2000 etwa 2.100 Gänse vermarktet. Trotz wachsenden Erfolges musste das Projekt dann aufgrund des Wegfalls der Vermarktungskette aufgegeben werden.
Fotos: Bodo Hering
Die Siedlungen mit ihren Gärten, Häusern und Menschen prägen in ganz besonderem Maße das Landschaftsbild in einem Biosphärenreservat. Die Erhaltung und Entwicklung des traditionellen Dorfcharakters nimmt deshalb einen großen Stellenwert ein. Und was bietet eine gute Möglichkeit, um mit den Bewohnern und Bewirtschaftern ins Gespräch zu kommen und gemeinsame Ziele zu definieren? Genau - Wettbewerbe! Im Jahr 2000 schreibt die Biosphärenreservatsverwaltung zum ersten Mal den Wettbewerb "Schönster naturnaher Garten" aus. Mit Erfolg - 40 Gärten wurden eingereicht und von einer Fachjury bewertet. Dabei ging es nicht nur darum, einen Sieger zu ermitteln, sondern auch gelungene Beispiele bekannt zu machen und Anregungen für eine naturnahe Gartengestaltung weiterzugeben. Die Siegerin des Wettbewerbs war im Übrigen noch Jahre danach Mekka für Gartenfreunde. Weitere Wettbewerbe folgten: So wurde das "Schönste landschaftstypische Haus" (2001), der "Beste Festwagen" (2004) und "Der schönste Hofbaum" (2007) gesucht. Übrigens: Auch die Zertifizierungen der Biosphärenwirte resultierten aus einem Wettbewewerb, der über einen mehrjährigen Zeitraum geführt wurde.
Fotos: Dirk Weis
Zwischen Dauban und Wartha befindet sich ein ehemaliger Truppenübungsplatz der NVA, welcher von 1964 bis 1992 militärisch genutzt wurde. Der einstige Panzerschiessplatz des Übungsgeländes stellte dabei eine Besonderheit dar: Hier wurden Fahrtrassen und Wällen angelegt, Gräben ausgehoben und die Fläche weitestgehend waldfrei gehalten. Dies führte unwillkürlich zu einem artenreichen Mosaik unterschiedlicher Vegetationseinheiten. Nach der Aufgabe durch die NVA verbuschte die naturschutzfachlich wertvolle Fläche aber zunehmend. Deshalb hieß es ab 2001: Futtern im Dienste der Wissenschaft! Mit einem europaweit einmaligen Forschungsprojekt wollten Wissenschaftler testen, ob Elche auf einem fast zugewachsenen Gelände wieder freie Flächen für seltene Pflanzen- und Tierarten schaffen können. Und so waren Toke und Finja die ersten beiden Tiere, die in dem 170 Hektar großen umzäunten Gebiet Birken, Weiden, Kiefern und dem Spierstrauch zu Leibe rückten. Nach Finjas Tod bekam der Elchbulle Toke Unterstützung durch Runa und Kristina. Über die Jahre wuchs der Elchbestand auf 14 Tiere an. 2013 wurde die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) Eigentümer der Flächen. Damit lief das Projekt aus. Noch heute erfolgt auf einigen Flächen die extensive Beweidung durch Schafe, Ziegen aber auch Konik-Pferden sowie kleinflächig manuelle Entbuschung. Das Elchprojekt war ein Gemeinschaftsprojekt zwischen der Universität Freiburg, der BTU Cottbus, dem Naturschtztierpark Görlitz, der Bundesforstverwaltung, dem Förderverein für die Natur der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft und der Biosphärenreservatsverwaltung.
Fotos: Biosphärenreservatsverwaltung
Die Herbstmärkte im Biosphärenreservat gibt es bereits seit 1998. Doch schon nach kurzer Zeit erfreuten sie sich so großer Beliebtheit, dass sie ab 2002 dann durch die Frühjahrsmärkte ergänzt wurden. Der erste Frühjahrsmarkt fand damals noch Anfang Mai statt. Heute sind die Termine bei vielen bereits im Voraus bekannt und gesetzt: Immer am letzten Samstag im April und am Samstag des zweiten Septemberwochenendes findet das bunte Markttreiben von 10 bis 17 Uhr auf dem Hof der Biosphärenreservatsverwaltung statt. Auf den Märkten soll erlebbar werden, dass aus der Region für die Region produziert und verkauft werden kann und qualitativ hochwertige, frische Ware mit sicherer Herkunft zu erwerben ist. Neben den mittlerweile über 80 Händlern und Vereinen stehen abwechslungsreiche, kulturelle Beiträge und traditionelle Handwerksvorführungen auf dem Programm. Jeder Markt wird auch immer von einem bestimmten Marktthema begleitet, das im Bezug zum Biosphärenreservat steht. Übrigens: Die damalige Bezeichnung "Warthaer Naturmärkte" wurde später in "Deutsch-Sorbische Naturmärkte" umbenannt. Die Zusammenarbeit mit dem Sorbischen Heimatverein Radiška e.V. und die Bewahrung sorbischer Traditionen sollte auch im Namen zu finden sein.
Fotos: Ralf M. Schreyer
Den Bewohnern in und um Kreba und Mücka die Natur vor der eigenen Haustür nahe bringen - das war der Wunsch der Biosphärenreservatverwaltung. Und so bauten sie 2003 den bereits 1993 mit einfachen Tafeln angelegten Naturlehrpfad Kreba-Neudorf zum Naturerlebnispfad um. Auf einer Gesamtstrecke von 8,5 Kilometern konnten sich nun Bewohner und Touristen an 32 Stationen über die Entwicklung der Landschaft und ihre historische Nutzung informieren. Im Gegenzug zur damaligen reinen Wissensvermittlung über Informationstafeln sollte nun die ganze Familie angesprochen werden: an verschiedenen Sinnes- und Spielstationen konnten sich besonders die Kinder ausprobieren. Ein Höhepunkt war sicherlich das Mammut-Skelett aus Beton, welches in einer Sandkuhle vergraben darauf wartete, von erlebnishungrigen Schatzjägern entdeckt zu werden. Im Jahr 2013 wollte die Biosphärenreservatverwaltung den Naturerlebnispfad aufgrund vernachlässigter Pflege komplett zurückbauen. Dagegen gab es jedoch viele Proteste. So wurde 2018 mit der Sanierung begonnen - Stationen wurden instand gesetzt und neue kindgerechte Informationstafeln installiert. Die Gemeinde Kreba-Neudorf plante zusätzlich einen neuen Streckenabschnitt innerhalb des Ortsteils Kreba. Nach Fertigstellung wurde der Naturerlebnispfad dann komplett in die Verantwortung der Gemeinde übergeben.
Fotos: Bodo Hering, Herbert Schnabel
Im Jahr 2004 konnte das UNESCO-Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft sein erstes großes Jubiläum feiern. 10 Jahre waren seit der einstweiligen Sicherstellung vergangen. Unter dem Motto "Kiefern, Karpfen und Kartoffeln - Im Land der tausend Teiche" wurden über das Jahr verteilt vielfältige Veranstaltungen angeboten. Der Jubiläums-Herbstmarkt am 11. September, bei dem es neben Altgewohntem auch eine Festveranstaltung gab, war dabei der Höhepunkt. Die Eröffnung des neugestalteten Naturerlebnispfades "Teiche" zwischen Wartha und Guttau und eine Sternradfahrt waren Teil des Festprogramms. Erstmalig wurde auch ein großer Festumzug durchgeführt, an dem sich Vereine und Institutionen aus der gesamten Region beteiligten. Die besten Wagen wurden anschließend von einer Jury prämiert. 2004 war übrigens auch das letzte Jahr, in dem die Biosphärenreservatverwaltung ihren Sitz in Mücka hatte. Zum Jubiläumsmarkt konnten die Besucher bereits das im Umbau befindliche Bauernhaus in Wartha inspizieren, dass 2005 dann von der Verwaltung bezogen wurde.
Fotos: Bodo Hering, Biosphärenreservatsverwaltung
Er hat ein orangebräunliches Gefieder mit schwarz-weißer Bänderung an Flügeln und Schwanz, einen dünnen, gebogenen Schnabel und eine große aufrichtbare Federhaube auf dem Kopf - die Rede ist natürlich vom Wiedehopf. Der Wiedehopf benötigt halboffene bis offene, insektenreiche Landschaften. Schon seit den 1970er-Jahren zeichnete sich auch im Gebiet des Biosphärenreservates ein Rückgang des Wiedehopfs ab. Offene große Waldflächen wuchsen mehr und mehr zu und immer mehr Nahrungs- und Brutplätze gingen verloren. Diesem Trend wollte die Biosphärenreservatsverwaltung gemeinsam mit der Vogelschutzwarte Neschwitz und der NABU-Ortsgruppe Wittichenau entgegensetzen. 2005 startete die Wiederansiedlung des Wiedehopfs und es wurden mehrere Bruthöhlen in der Bergbaufolgelandschaft zwischen Lohsa und Bärwalde ausgebracht. Auf diesen Offenflächen findet der Wiedehopf genug Nahrung in Form von Grillen, Käfern und kleinen Eidechsen. Der Erfolg zeichnete sich bald ab! Ein Jahr später waren 13 der 20 aufgestellten Nisthilfen besetzt, 7 Paare brüteten. Knapp 20 Brutpaare und 43 ausgeflogene Jungvögel - das war die Bilanz 2020 im Biosphärenreservat. Viele Privatpersonen melden bis heute ihre Wiedehopf-Sichtungen. Ein echtes Erfolgsprojekt und noch lange nicht am Ende!
Fotos: Peter Ulbrich, Denis Henning
In Friedersdorf bei Lohsa befindet sich als westliche Außenstelle des Biosphärenreservates die Naturschutzstation Friedersdorf, in welcher Fragen des praktischen Naturschutzes im Mittelpunkt stehen. Bereits 1999 wurde ein Erlebnisgelände mit verschiedenen Stationen eingerichtet, um Zusammenhänge zum Thema nachhaltige Landnutzung begreifbar zu machen. Kurz darauf entstand auch der hinter dem Erlebnisgelände liegende Schau- und Lehrgarten, welcher viele Jahre im Rahmen der Umweltbildung und öffentlichen Präsentation genutzt wurde. Als erstes wurde ein Lehracker eingerichtet, auf dem regionaltypische Getreide-, Faser- und Färberpflanzen aber auch Heil-, Duft- und Gewürzpflanzen angebaut wurden. Später kamen verschiedene Hochbeete für den Anbau von Gemüse, Kräutern und Färberpflanzen hinzu. 2006 wurde dann eine Streuobstwiese mit mehreren alten regionalen Obstsorten angelegt, darunter Apfel-, Birnen-, Pflaumen- Kirsch- und Quittensorten. Aufgrund einer längeren Bewirtschaftungspause ist der Lehr- und Schaugarten heute in einem pflegebedürftigen Zustand. Eine Neugestaltung wird aber zukünftig ins Auge gefasst.
Fotos: Mario Trampenau, Andre Klingenberger
Über Jahrhunderte wurden Wölfe als Schädlinge und Nahrungskonkurrenten betrachtet, was letztendlich zu ihrer Ausrottung führte. Seit 1998 gibt es in Deutschland wieder nachweislich Wölfe. Bereits um 1850 verlieren sich in Brandenburg die letzten Hinweise auf Wolfsrudel. Das letzte sesshafte Tier wurde 1904 bei Hoyerswerda in Sachsen geschossen. Nach dem zweiten Weltkrieg versuchten immer wieder Wölfe aus Polen sich in der Lausitz anzusiedeln, wurden aber in der ehemaligen DDR konsequent bejagt. Doch auch in der BRD wurden Wölfe erlegt. Mit der Wiedervereinigung wurde die Tierart dann bundesweit unter Schutz gestellt. Das erste Pärchen, dass 1998 in der Muskauer Heide gesichtet wurde, bekam 2000 zum ersten Mal Welpen und leitete die Rückkehr der Wölfe in Deutschland ein. Im Biosphärenreservat lief dann 2007 der erste Nachwuchs im Daubaner und Milkeler Rudel vor die Linse der Wildkamera. Im Monitoringjahr 2023/2024 konnten deutschlandweit 79 Rudel, 13 Paare und 10 territoriale Einzeltiere nachgewiesen werden, davon die meisten in Sachsen und Brandenburg.
Fotos: Michael Clemens
Vor ca. 900 Jahren kam der Karpfen in die Oberlausitz und war lange Zeit eine begehrte und wichtige Nahrungsquelle. Doch das veränderte Konsumverhalten der Verbraucher und der Import von billigerem Fisch aus Asien ließ das Image des Karpfens leiden. Diesem Trend wollte die Biosphärenreservatsverwaltung gemeinsam mit Partnern entgegensetzen und so wurde das Projekt Biokarpfen ins Leben gerufen. Die KREBA-Fisch GmbH sowie die Teichwirtschaften Klitten und Ringpfeil begannen 2008 mit der Biokarpfen-Produktion. Ein Hauptziel des Projektes war es, neben der Schaffung neuer Absatzwege und der Steigerung des regionalen Fischeinsatzes in der Gastronomie, neue und moderne Karpfenprodukte zu entwickeln. So wurden Bio-Räucherkarpfen sowie grätenfreie Bio-Karpfenfilets und Bio-Karpfenchips als Tiefkühlprodukte in den Handel gebracht. Aber was macht denn nun einen Biokarpfen aus? Er ernährt sich hauptsächlich von den im Teich natürlich vorkommenden Kleinlebewesen. Zugefüttert wird ausschließlich mit gentechnisch unverändertem Getreide aus ökologischer Herkunft. Außerdem müssen Biokarpfen zwei Drittel ihrer Lebenszeit - also zwei Sommer lang - in zertifizierten Teichen verbringen. Neben diesen ökologischen Produktstandards spielt aber auch die Lebensraumqualität eine große Rolle. Die Erhaltung von naturnahen Teichen mit einer reichen Tier- und Pflanzenwelt steht dabei im Vordergrund. Dazu gehören insbesondere die Schaffung von Röhrichtgürteln für Amphibien, Insekten und Wasservögel sowie eine limitierte Abfischmenge.
Fotos: Bodo Hering
Einmal das Biosphärenreservat mit dem Fahrrad umrunden - das können Gäste, Bewohner und Bewohnerinnen seit 2009. Nachdem bereits Wolf und Frosch als Namenspaten Radfahrer teilweise durch das Biosphärenreservat führen, wurde diese Ehre nun auch dem Seeadler zuteil. Am 20. Juli 2009 eröffnete die Biosphärenreservatsverwaltung den Seeadlerrundweg. Nach einer Tauglichkeitsprüfung per Fahrrad schnitt Sachsens damaliger Minister für Umwelt und Landwirtschaft Frank Kupfer an der Station "Roter Lug" zwischen Halbendorf und Spreewiese das Schilfband durch. Auf 88 Kilometern werden den Besuchern abwechslungsreiche Möglichkeiten geboten, die Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft und seine Seeadler zu entdecken. Über 13 Stationen leitet der Radweg durch Lebensräume seltener Tier- und Pflanzenarten, die das Revier des Seeadlers charakterisieren. An verschiedenen Aussichtspunkten und Beobachtungsplattformen können die Radfahrenden ihren Blick schweifen lassen und mit etwas Glück die majestätischen Greifvögel beobachten. Weiterhin thematisiert der Radrundweg nachhaltiges Wirtschaften im Biosphärenreservat und führt zu Natur- und Kulturdenkmälern, Biosphärenreservatspartnern, Hofläden und Heimatmuseen.
Fotos: Karsten Nitsch
Das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft liegt inmitten des sorbischen Siedlungsgebietes. Zahlreiche Bräuche im Jahresverlauf wie Vogelhochzeit, die Osterbräuche, Hexenbrennen oder Maibaumwerfen sind eng mit dem Brauchtum des westslawischen Volks verbunden. Um die einzigartige Sprache und Kultur weiterhin zu erhalten und zu pflegen, vereinbarten die Domowina und die Biosphärenreservatsverwaltung eine gemeinsame Zusammenarbeit. Am 06. Mai 2010 wurde die Kooperationsvereinbarung mit dem Domowina-Kreisverein „Jan Arnošt Smoler“ Bautzen unterzeichnet. Ein gemeinsames Ziel im Zuge dieser Kooperation ist es, die Zweisprachigkeit in der Region umzusetzen. Dabei werden z.B. die Druckerzeugnisse der Biosphärenreservatsverwaltung ganz oder teilweise ins Sorbische übersetzt. Auch die Informationstexte in der Ausstellung im HAUS DER TAUSEND TEICHE sind in beiden Sprachen verfasst. Der Kreisverband unterstützt die Verwaltung bei der Umsetzung der UNESCO-Ziele. So leistet er einen wichtigen Beitrag bei der Ausgestaltung der sorbischen Kulturbeiträge zu den jährlich stattfindenen Naturmärkten. Um die gemeinsame Zusammenarbeit auch nach außen hin sichtbar zu machen, wurden u.a. die Warthaer Naturmärkte in Deutsch-Sorbische Naturmärkte umbenannt.
Fotos: Eva Lehmann, Bodo Hering
Auf den großflächigen Ackerschlägen in der Oberlausitz dominieren Getreide, Mais und Winterraps. Nach der Rapsblüte kommen meist nur noch wenige blühende Kulturpflanzenarten als Nektar- und Pollenspender vor. Honigbienen und ihre wilden Verwandten finden dann kaum noch Nahrung. Mit dem Projekt der Biosphärenreservatsverwaltung sollen deshalb Honigbiene und Wildinsekten gefördert und ihre Lebensgrundlagen verbessert werden. Nach Vorbesprechungen mit Landwirten und Imkern und der Recherche von geeigneten landwirtschaftlichen Nutzflächen konnten im Jahr 2011 die ersten 55 Hektar Blühfläche angelegt werden. Durch die gute Zusammenarbeit mit den Akteuren stieg die Blühfläche seitdem im Gebiet stetig an. 2019 betrug sie bereits über 700 Hektar. In den ersten vier Jahren des Projektes wurden mehrere Blühsamenmischungen auf ihre Eignung getest und entomologisch untersucht. Im Ergebnis der Untersuchungen war eine jährlich ansteigende Artenzahl auf den Blühflächen zu verzeichnen, darunter auch die vieler bestandsbedrohter Arten. Die Erfahrungen aus dem Biosphärenreservat flossen zudem in das Sächsische Agrarumwelt- und Naturschutzprogramm ein, das seit 2015 landesweit Landwirte finanziell unterstützt. Aus den gesammelten Erfahrungen wurden für das Biosphärenreservat zwei regionale, auf die spezifischen Standortbedingungen im Gebiet abgestimmte Blühmischungen entwickelt.
Fotos: Bodo Hering
Ein Informationszentrum gehörte von Anfang an zur Grundvision des Vierseitenhofs in Wartha bei Malschwitz, auf dem die Biosphärenreservatverwaltung seit 2005 ihren Sitz hat. Dies fordert auch die UNESCO in ihren Kriterien für die Anerkennung und Überprüfung von Biosphärenreservaten. Bei der ersten Evaluation 2006 wurde das fehlende Informationszentrum von der Kommission noch kritisiert. 6 Jahre später war das Defizit behoben - 2012 wurde das HAUS DER TAUSEND TEICHE eröffnet. Dort, wo heute das Besucherinformationszentrum steht, war früher noch ein altes Stallgebäude. Leider konnte es nicht erhalten und saniert werden - nur die vier Granitsäulen im Foyer zeugen noch von seiner Existenz. Gut 2 Jahre dauerte der Bau des Gebäudes, bis es am 21. März 2012 vom damaligen sächsischen Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft Frank Kupfer mit einem Schluck Teichwasser offiziell eröffnet wurde. Die Optik mit der Holzverschalung und dem Gewölbe im Erdgeschoss soll dabei an den ehemaligen Stall erinnern.
In der im Obergeschoss befindlichen Dauerausstellung können sich die Besucher über das Biosphärenreservat und seine traditionelle Teichwirtschaft informieren. Im Erdgeschoss befinden sich der Filmraum, das Foyer mit zahlreichen Informationsmöglichkeiten und ein Seminarraum. Ein Wassererlebnisspielplatz lädt zum Erkunden ein. Das Besucherinformationszentrum erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. So konnte 2019 mit über 20.000 Menschen ein Besucherrekord aufgestellt werden.
Fotos: Dirk Weis
Bei der Übergabe des Daubaner Waldes von der Bundesregierung an die DBU Naturerbe GmbH standen zwar andere Akteure im Fokus. Trotzdem soll dieser Meilenstein hier genannt werden, weil er einen wichtigen Beitrag für den Naturschutz im Gebiet darstellt. Der Daubaner Wald ist rund 3.200 Hektar groß und liegt inmitten des Biosphärenreservates. Dominiert wird die Fläche von einem geschlossenen Wald, in dem überwiegend Kiefern wachsen. Gleichzeitig durchziehen ihn zahlreiche Kleingewässer und Feuchtgebiete sowie Offenlandflächen. Durch diese zahlreichen Strukturen ist der Daubaner Wald Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten, wie Winterlieb, Sumpfporst, Seeadler oder die Kleine Bartfledermaus. Bis 1967 wurde die Fläche rein forstwirtschaftlich genutzt. Anschließend diente sie der Nationalen Volksarmee als Truppenübungsplatz. In den bewaldeten Bereichen wurde weiterhin Forstwirtschaft betrieben. Von 1990 bis 1993 nutzte die Bundeswehr die Liegenschaft. Seit 2013 ist nun die DBU Naturerbe GmbH Eigentümer des Daubaner Waldes. Die Stiftung möchte die Naturerbefläche langfristig für den Naturschutz sichern und für nachfolgende Generationen als Ort der biologischen Vielfalt erhalten. Zukünftig soll sich der Daubaner Wald auch auf gut 1.000 Hektar zu einem Stück Wildnis entwickeln dürfen.
Fotos: Dirk Weis
Das UNESCO-Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft ist das bedeutsamste Schutzgebiet für die Flussseeschwalbe in Sachsen. Ursprünglich war die Art hauptsächlich in den Flussauen verbreitet. Dort fand sie genug natürliche Brutstandorte wie Kies- und Schotterinseln vor, die aber durch Begradigungen und Ausbau der Flüsse nach und nach verloren gingen. Durch erfolglose Ansiedlungsversuche in Kies- und Braunkohlegruben und an den Teichen, entschloss man sich, künstliche Brutinseln anzulegen. Die erste Flussseeschwalbeninsel wurde bereits 1998 auf dem Tauerwiesenteich bei Förstgen gebaut. Leider fielen die Küken in der Vergangenheit immer wieder Mink und Uhu zum Opfer, sodass der Bruterfolg 2013 stark rückläufig war. Auch die technischen Schutzmöglichkeiten waren nur begrenzt wirksam. Die zweite Insel, die im November 2009 installiert wurde, wurde jedoch von Lachmöwen besiedelt. Ein positiver Nebeneffekt - Seeschwalben und Lachmöwen konnten sich nun gemeinsam verteidigen. Da der Brösaer Teich in der Guttauer Teichgruppe regelmäßig zur Nahrungssuche genutzt wird und ein Uhubrutplatz weit entfernt liegt, wurde dort 2014 eine weitere Insel errichtet. Sie ist vollständig mit Sand bedeckt und enthält mehrere Versteck- und Sitzmöglichkeiten. Die Ornithologen des NABU Niesky beobachten die Flussseeschwalben regelmäßig. Weiterhin werden die Nestjungen beringt und die Ringe der Altvögel abgelesen. Es ist zu erkennen, dass die Flussseeschwalbenkolonien auch von polnischen und tschechischen Vögeln verstärkt wird. Flussseeschwalben sind ihrer Kolonie sehr treu, nur im Herbst fliegen sie zur Überwinterung auf die Südhalbkugel, besonders an die Westküste Afrikas.
Fotos: Biosphärenreservatsverwaltung
In Biosphärenreservaten ist Bildung für nachhaltige Entwicklung neben dem Naturschutz eine zentrale Aufgabe, um die einzigartige Naturausstattung zu schützen und zu erhalten. So startete im Dezember 2015 mit den "Junior-Rangern" ein weiteres Umweltbildungsangebot für Kinder und Jugendliche im Biosphärenreservat. Zum Auftakt des Programmes überreichte der Leiter des Biosphärenreservates gemeinsam mit Bettina Kühnast vom EUROPARC Deutschland e.V. den Junior-Rangern ihre "Dienstausrüstung". In dem Rucksack befand sich ein Buch zur Bestimmung von Tieren und Pflanzen, eine Becherlupe, ein Notizblock und sonstige nützliche Hilfsmittel. Auch die Ranger des Biosphärenreservates begrüßten den Nachwuchs und stimmten sie auf zukünftige Erkundungstouren durch die Natur ein. Dabei steht der erlebnisorientierte Bildungsansatz im Vordergrund - die jungen Naturschützer sollen nicht nur die Theorie, sondern auch die Praxis des Umweltschutzes erfahren. So üben sie sich z.B. in der Bestimmung von Tieren und Pflanzen oder führen Pflegemaßnahmen durch. Bis 2021 gab es zwei Junior-Ranger-Gruppen, die sich regelmäßig trafen. Danach wurden die Treffen vorerst eingestellt. Eine Weiterführung ist aber in Planung. Das Junior-Ranger-Programm ist ein bundesweites Bildungs- und Freizeitprogramm für Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 12 Jahren. Es wurde vom EUROPARC Deutschland e.V., dem Dachverband der Nationalparke, Naturparke und Biosphärenreservate in Deutschland in Kooperation mit dem World Wildlife Fund (WWF) und weiteren Partnern ins Leben gerufen.
Fotos: Bodo Hering
Seit 2017 findet man in einigen Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben im Gebiet eine Emaille-Plakette mit dem Punktlogo des Biosphärenreservates und dem Schriftzug "Partner" vor. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit bestand zu dem Zeitpunkt aber schon viel länger. Was hatte sich geändert? Im Biosphärenreservat werden seit 2002 nachhaltig wirtschaftende Unternehmen als "Biosphärenwirte" zertifiziert. Die "Partner-Initiative" vom EUROPARC Deutschland e.V., dem Dachverband aller National- und Naturparke, besteht seit 2008. Die natürliche Umwelt zu schützen, sie den Gästen erlebbar zu machen, sowie die nachhaltige Regionalentwicklung zu stärken, sind dabei die Hauptziele des Partner-Projektes. Die gleichen Ziele und der Wunsch, die Arbeit künftig unter einem gemeinsamen Dach und zusammen mit anderen Großschutzgebieten durchführen zu können, veranlasste die Biosphärenreservatsverwaltung schließlich dazu, zum "Partner-Projekt" von EUROPARC zu wechseln. Im Juni erfolgte die Bestätigung als 23. Initiative dieser Art. Bei der Auftaktveranstaltung am 20. Oktober bekamen die damals 29 "alten Biosphärenwirte", die sich ab Januar 2017 dann "Biosphären-Partner" nennen durften, die neuen Emaille-Plaketten überreicht. Der EUROPARC Deutschland e.V. wurde 2020 in Nationale Naturlandschaften e.V. (NNL e.V.) umbenannt.
Fotos: Bodo Hering, Dirk Weis
Versteckt auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz, am Rande einer idyllischen Lichtung, wächst ein botanischer Schatz. Die Dachziegelige Siegwurz, eine Wildgladiole, ist dort im Juni und Juli mit hunderten Blütenständen zu finden. 2017 suchten die Heinz Sielmann Stiftung und der EUROPARC Deutschland e.V. nach dem schönsten Naturwunder Deutschlands. Der Wettbewerb widmete sich dem Thema "Wilde Wiesen und Weiden", welche in deutschen Biosphärenreservaten, Natur- und Nationalparks gesucht wurden. Nach einer Online-Abstimmung stand es dann fest: Die Gladiolenwiese im Daubaner Wald ist "Schönstes Naturwunder Deutschlands 2017". Vor 30 Jahren waren nur weniger als zehn Restvorkommen mit wenigen Individuen in der Region bekannt. Das Aussterben der Art schien nahe. Dann wurden 1994 auf dem ehemaligen NVA-Truppenübungsplatz Daubaner Wald plötzlich 30 blühende Exemplare auf einer brachgefallenen Wiese entdeckt. Die aufwendige Pflege der Naturschutzstation Östliche Oberlausitz ließ sie zu einer der artenreichsten Wiesen im Gebiet entwickeln. Die letzten bekannten Vorkommen der Dachziegeligen Siegwurz in Deutschland liegen zum großen Teil im Biosphärenreservat. Deshalb wird die Art auch intensiv kontrolliert. Die Naturwacht führt dazu schon seit fast 20 Jahren ein Monitoring durch und zählt die blühenden Exemplare. Seit 2010 gibt es auch erfolgreiche Wiederansiedlungen auf eigenen Wiesen, welche die Gladiole vorerst vor dem Aussterben bewahrt hat.
Fotos: Biosphärenreservatsverwaltung, Lorenz Richter
Der Strukturwandel in der Lausitz erfordert Dialog über die Zukunftshähigkeit der Region. Dabei gilt es, die Besonderheiten des UNESCO-Biosphärenreservates Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft als Modellregion für nachhaltige Entwicklung vor allem in den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Umwelt gezielt einzubringen. Als wesentliche Handlungsgrundlage soll dafür das 2018 erschienene Rahmenkonzept dienen. Das bisherige Rahmenkonzept stammte aus 2003 und war nicht mehr zeitgemäß. Bei der Erstellung des neuen Konzeptes war es ein Hauptanliegen, die Bevölkerung und alle Akteure im Biosphärenreservat einzubeziehen. So wurde 2016 eine "Zukunftswerkstatt" durchgeführt, an der über 50 Personen teilnahmen. Die Ergebnisse aus dieser Zukunftswerkstatt, viele schriftliche Hinweise aus der Bevölkerung und Stellungnahmen von Gemeinden, Behörden, Vereinen und Verbänden flossen in das Rahmenkonzept ein. Das 40-seitige Werk besteht aus 12 Handlungsfeldern aus den Bereichen Bildung für nachhaltige Entwicklung/Öffentlichkeitsarbeit, nachhaltiges Wirtschaften, Naturschutz und Forschung/Monitoring. Jedes der Handlungsfelder beleuchtet den aktuellen Stand, thematisiert Leitbilder und Ziele sowie entsprechende Maßnahmen für die Umsetzung. Das gesamte Rahmenkonzept ist zudem ins Sorbische übersetzt worden.
Fotos: Bodo Hering, Ralf M. Schreyer
Die Mohnproduktion in Deutschland deckt weniger als fünf Prozent des deutschen Bedarfs ab. Der Rest wird aus Längern wie der Türkei und der Tscheschichen Republik importiert. Da sich einige Partner-Bäckereien des Biosphärenreservates regionalen Backmohn gewünscht haben, wurde dieser 2019 erstmalig auf dem Modellacker Dubina in Wartha angebaut. Gut drei Hektar wurden mit der Wintermohnsorte "Zeno Morphex" bestellt. Der Anbau barg jedoch einige Hürden. Zuerst musste eine betäubungsmittelrechtliche Erlaubnis beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eingeholt werden. Diese wurde erteilt, da die angebaute Sorte nur über einen geringen Morphingehalt verfügt. Zudem erfordert das Säen und Dreschen der Körner spezielle Technik. Trotz dieser Widrigkeiten konnte die Agrargenossenschaft Heidefarm Sdier als landwirtschaftlicher Partnerbetrieb gewonnen werden. Das Erntegut wurde nach dem Dreschen in der Versuchstation Pommritz getrocknet und anschließend in der Rätze-Mühle Spittwitz gereinigt. So konnte es dann von den Projekt-Bäckereien zu regionalen Spezialitäten verarbeitet werden. Auch das lilafarbene Blütenmeer lockte viele Touristen und Besucher an. Das Pflücken jedoch ist nicht nur verboten, sondern bringt auch nichts. Mohnblüten verwelken innerhalb weniger Stunden. Auf dem Modellacker Dubina werden noch weitere regionale und alte Sorten, wie der Champagnerroggen oder die Fränkische Landgerste angebaut.
Fotos: Lorenz Richter, Sandro Tenne
Das Sachsenhuhn ist eine gefährdete Hühnerrasse in den Farbschlägen schwarz, gelb, weiß und gesperbert. Es wurde um 1880 im Erzgebirge gezüchtet und zeichnet sich durch Genügsamkeit, Robustheit und Angepasstheit aus. Da das Sachsenhuhn mittlerweile als stark gefährdet gilt, hieß es 2020 im Biosphärenreservat "Rettet das Sachsenhuhn!" - der Beginn eines Erhaltungszuchtprojektes startete. Nach dem Projektaufruf im Februar 2020 haben sich zahlreiche Geflügelzüchter aus dem Biosphärenreservat und der -region gemeldet, welche die gefährdete Haustierrasse retten möchten. Dabei gab es zwei Möglichkeiten: Hühnerhalter konnten zuchtuntaugliche Tiere erwerben, die zukünftig als Zweinutzungshuhn auf dem Hof gehalten werden. Den wichtigsten Meilenstein bildete jedoch die Abgabe der zuchttauglichen Tiere, die in der Fachsprache als "Zuchtstamm" bezeichnet werden. Im nächsten Jahr stellten die Züchter dann mindestens 20 Bruteier für den Fortlauf des Projektes zur Verfügung. Die Zuchtstämme und die in den nächsten Jahren aufgezogenen Tiere bildeten dann die zukünftige Basis für die Etablierung und Erhaltung dieser Rasse in der Region. Mit dem Sachsenhuhnzüchter und Mitglied des Sondervereins der Sachsen- und Zwergsachsenhühner Martin Schubert aus dem Haselbachtal konnte ein kompetenter Zuchtpartner für die Umsetzung des ehrgeizigen Projektes gefunden werden. Er brütete die Eier aus und zog die Sachsenhühner bis zum Verkaufstag auf.
Fotos: Jan Waschulewski
Die Biosphärenreservatsverwaltung arbeitet im Rahmen ihrer Bildungsarbeit schon länger regelmäßig mit der Grundschule Hohendubrau zusammen. Um diese Zusammenarbeit zu vertiefen und zu verstetigen, wurde 2021 eine Kooperation zwischen der Grundschule und der Biosphärenreservatsverwaltung geschlossen. Damit wurde die Grundschule Hohendubrau die erste Biosphären-Schule im Gebiet. Anfang November 2021 erfolgte die feierliche Zertifizierung. Zuerst pflanzte Umweltminister Wolfram Günther mit Schülerinnen und Schülern der Grundschule heimische Baumarten auf einer Teilfläche des ehemaligen Sägewerks in Dauban. Danach überreichte er die Urkunde und die offizielle Plakette als Biosphären-Schule. Ziel der Kooperation ist es, die Schülerinnen und Schüler auf die Besonderheiten des sie umgebenden Lebensraums der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft aufmerksam zu machen und nachhaltige Entwicklung und Naturerleben stärker in den Schulalltag zu integrieren. Durch die enge Zusammenarbeit von Schule und Biosphärenreservatsverwaltung werden die Themen des Biosphärenreservates im Rahmen der Bildung für nachhaltige Entwicklung theoretisch und praktisch in der Schule verankert und dort auch weiterentwickelt. „Biosphärenschule“ ist eine bundesweite Auszeichnung von Nationale Naturlandschaften e.V., die die einzelnen Biosphärenreservate an Schulen in ihrer Region verleihen können.
Fotos: Sebastian Buschmann, Philipp Czapla
Im Jahr 2022 starteten gleich zwei Forschungsprojekte, bei denen die Biosphärenreservatsverwaltung als Partner eingebunden war - TeichLausitz und MoSaiKTeiL. Die Teichlandschaft ist Ausflugsziel und Erholungsgebiet für Touristen und Einheimische, aber auch Produktionsstätte für schmackhaften Karpfen. Zudem sind Teiche ein wertvoller Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten, haben positive Wirkung auf das Kleinklima und eine weit über die Region hinausgehende Bedeutung für den Wasserhaushalt. Das TeichLausitz-Projekt zielt auf den Erhalt bewirtschafteter Teiche und damit ihrer Artenvielfalt und besonderen Ökosystemleistungen ab. Dafür sollen Empfehlungen zur weiteren Gestaltung von Rahmenbedingungen und Förderprogrammen basierend auf natur-, wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Untersuchungen erarbeitet und an Entscheidungsbefugte herangetragen werden. Im Projekt arbeiten drei Wissenschaftspartner und ein Praxispartner mit zahlreichen Akteurinnen und Akteuren der Lausitzer Teichwirtschaften wie z.B. den Teichwirtinnen und Teichwirten, Behörden- und Verbandsvertretungen zusammen. Im Verbundprojekt MoSaiKTeiL sollen neue Ansätze zur nachhaltigen Entwicklung der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft gefunden werden. Der Kern des Projektes sind praktische Naturschutzmaßnahmen in den vier kleinräumig wechselnden Lebensräumen Moore, Sandheiden, Kiefernwälder und Teiche. Begleitet werden diese Naturschutzmaßnahmen von Erfolgskontrollen, die wiederum von regionalen Fachleuten durchgeführt und in Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen der Region ausgewertet werden. Zudem werden gemeinsam mit Umweltbildnern und Museen innovative Formate entwickelt, die die Besonderheiten dieses Hotspots an Artenvielfalt vermitteln und die Region erlebbar machen.
Fotos: Biosphärenreservatsverwaltung
In der Lausitz gibt es eine europaweit einmalige Dichte an Landschaften mit UNESCO-Status: Zwei UNESCO-Biosphärenreservate, einen UNESCO Global Geopark und zwei UNESCO-Welterbestätten. Seit 2023 kooperieren vier der fünf Würdenträger zusammen mit einem immateriellen Kulturerbe und leisten ihren ganz eigenen Beitrag zum Strukturwandel in der Lausitz . Bereits 2017 keimte die Vision von einem vereinten Netzwerk, dass sich gleichsam dem Credo widmet: „Bewahren, erhalten und nachhaltig entwickeln“. Mit der Förderung durch das STARK-Bundesprogramm fiel der Startschuss für das länderübergreifende Projekt „Lausitzer UNESCO-Stätten unterstützen eine nachhaltige Transformation in der Lausitz“ (UNESCO 5). Die fünf sind: das UNESCO-Biosphärenreservat Spreewald, der UNESCO Global Geopark Muskauer Faltenbogen/ Łuk Mużakowa, die UNESCO-Welterbestätte Muskauer Park/ Park Mużakowski, das UNESCO-Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft und die Domowina als Vertretung der Sorben/Wenden. Die Trägerschaft für das länderübergreifende Projekt „Lausitzer UNESCO-Stätten unterstützen eine nachhaltige Transformation in der Lausitz“ (UNESCO 5) hat das Land Brandenburg übernommen. Bis 2026 gestaltet der Verbund zusammen mit der Projektkoordinierung insgesamt acht facettenreiche Vorhaben. Diese reichen von kreativen Marketingmaßnahmen über zielgruppenangepasste Bildungsangebote für nachhaltige Entwicklung bis hin zu diversen Mobilitätsoffensiven per Rad und Bus. Bereits in der Konzeption der Angebote werden verschiedenste Akteure aus den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, Kultur, Bildung und Politik mit einbezogen. So lassen sich die gemeinsam geschaffenen Angebote optimal in die Regionen der Lausitz einbetten. Der Strukturwandel steht in erster Linie für neue Wirtschaftsbereiche, neue Beschäftigungsmodelle, neue Infrastrukturen. Doch Wandel vollzieht sich auch abseits der harten hin zu den weichen Standortfaktoren. Lebensqualität, Wohlbefinden, Heimatgefühl. Die UNESCO-Stätten der Lausitz liefern Rückzugs- und Erholungsorte, bieten Freizeitaktivitäten und lebensbegleitendes Lernen. Sie sind identitätsstiftend und horizonterweiternd.
Fotos: Lorenz Richter, Biosphärenreservatsverwaltung
In 2024 Jahr feiert das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft sein 30-jähriges Bestehen. Bereits seit 1994 zeigt das Gebiet beispielhaft, wie die Erhaltung einer besonderen Kulturlandschaft mit ihrer typischen Naturausstattung, ihren Bewirtschaftungsformen und ihren kulturellen Bräuchen in Zusammenarbeit vieler Akteurinnen und Akteure gelingen kann. Gleichzeitig werden hier nachhaltige und klimafreundliche Zukunftsmodelle für Mensch und Natur erprobt. Wir sind stolz darauf, dass im Biosphärenreservat Naturschutz, Landnutzung, Kultur, Bildung und Regionalentwicklung gemeinsam gedacht und umgesetzt werden. Wie sich das Gebiet seit der Unterschutzstellung entwickelt hat, welche vielfältigen Projekte initiiert und welche Meilensteine erreicht wurden, konnten wir in diesem Jahr bei unseren zahlreichen Jubiläumsveranstaltungen und -aktivitäten zeigen. Unter dem Motto "Mensch mit Natur im Wandel" verdeutlichen sie die enge Verknüpfung vom Schutz der jahrhundertealten Kulturlandschaft und dem Wirtschaften und Wirken der Menschen im Gebiet, die das Biosphärenreservat zu einem Ort des Austauschs, des Miteinanders und der Zukunftsgestaltung machen.